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Ausgewählte Formen der Naturtherapie

Dieser Beitrag beschäftigt sich nun eingehender mit speziellen Formen, die eine Naturtherapie annehmen kann. Die bereits im letzten Eintrag erwähnte Systemische Naturtherapie kann dabei Anreize für die Gestaltung psychotherapeutischer Begegnungen in der Natur liefern. Zentral scheint hinsichtlich der Systemischen Naturtherapie das grundsätzliche Eingehen innerhalb der Behandlung auf vier bzw. drei Ebenen.

 

Kreszmeier (2012, 20) stellt in ihrer Publikation „Systemische Naturtherapie“ Modelle vor, die „als die bedeutsame Unterscheidung in der naturtherapeutischen Arbeitsweise“ angesehen werden. Dabei wurde, von einem ursprünglichen Vierermodell ausgehend, das Mental-Ebene (kognitives Erfassen), Geist-Ebene (Spiritualität), Körper-Ebene (Sinne) sowie Gefühls-Ebene (Wahrnehmung) einschließt, das nun wesentliche Dreiermodell mit Psyche und Körper, die insgesamt von der Seele umschlossen werden, entwickelt. In diesem Dreiermodell werden – im Gegensatz zur häufigen synonymen Verwendung – die Begriffe „Psyche“ und „Seele“ als „zwei unterschiedliche Dimensionen des Menschseins“ (ebd., 22) gebraucht.

 

Das Dreiermodell betrachtet nun „körperliche, psychische und seelische Vorgänge [als] sowohl ineinander fließend, einander mehr oder weniger beeinflussend, als auch von einem Eigenleben bestimmt“, wobei das „Anerkennen und Erkennen der in Körper, Psyche und Seele liegenden Grundkräfte […] für ein verantwortungsvolles und naturtherapeutisches Handeln wesentlich [sind]“ (ebd). In der Praxis bedeutet das nun, dass jeder Prozess, der als naturtherapeutisch bezeichnet werden kann, „generell und speziell auf der psychologischen Ebene von drei Merkmalen bestimmt [ist]: von einer nicht direktiven Leitung, der Interaktion von Klient und Natur und der Selbstbestimmung des Klienten“ (ebd., 25). Aufgabe einer Systemischen Naturtherapie ist es demnach, durch den „Prozess des Unterwegsseins oder des Seins in der Natur […] im psychischen Feld der Klienten jene Bereiche auf[zuspüren], die zentral nach ‚Befriedigung‘ rufen“ (ebd., 27).

 

Welche therapeutischen Herangehensweisen können nun als Systemische Naturtherapie bezeichnet werden? Nach Kreszmeier (2012) werden Naturraumarbeit, szenische Verfahren und Rituale dazu gezählt, wobei vieles zu Systemischer Naturtherapie werden kann: die Wanderung am Fluss, das Erklimmen eines Berges, gemeinschaftliches Kochen auf offenem Feuer – schlicht: sämtliche Naturerfahrungen.

 

Zwar nicht als Systemische Naturtherapie, sehr wohl aber als naturtherapeutischer Ansatz zu bezeichnen, ist Riedingers (2013) von mir geschätzte „Psychotherapie im Gehen“. Riedinger (ebd., 6) vertritt die Ansicht, Gehen führe uns „im wahrsten Sinn des Wortes und metaphorisch in seinen vielen Bedeutungen […] aus der Erstarrung, dem Sitzenbleiben und, wie wir leiblich in Bewegung kommen, so gelingt es uns auch innerlich Anhaftungen loszulassen. Auf vielfache Weise gewinnen wir, allein und begleitet, neue Aspekte und Ansatzpunkte, um mit Problemen oder Herausforderungen umzugehen.“ Er verweist darauf, nicht bloß der Aufenthalt in der Natur resp. die Bewegung in derselben seien heilsam, sondern es brauche sehr wohl „Gefährten“.

 

Nach Riedinger (ebd.) bringe uns „Psychotherapie im Gehen […] wieder auf die Beine und der Therapeut wird zum Gefährten. Der Naturraum in seiner Vielfalt schenkt uns nicht nur eine Kulisse, sondern wird selbst zum DU, das uns stärkt und begleitet. Wir lassen vorübergehend die Welt der sesshaften Sitzer und Besitzer hinter uns und lösen uns von der Besessenheit des Haben-Wollens. Dafür erlangen wir die Unbeschwertheit des Vagabunden, der dem Wandel mehr traut als dem verzweifelten Streben nach materieller Sicherheit. Dieses Loslassen geht allmählich. Schritt für Schritt. Mal wird es von starken Gefühlen begleitet, mal fühlt es sich an wie ein sanftes Erwachen. Im Rhythmus der Schritte liegt etwas, das uns führt und scheint es auch so, als wären wir die, die Richtung vorgeben, so leitet uns doch eine intuitive Kraft, die uns überraschende Räume öffnet.“

 

 

Eben diese Worte beschreiben genau das, worauf jede naturtherapeutische Intention abzielen sollte. Im nächsten Blogbeitrag setze ich mich daher mit der praktischen Anwendung dieser Therapieform auseinander und illustriere beispielhaft einen Therapieprozess. 

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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

Psychotherapeutin 

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