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Die Gruppentherapie, Teil 1: eine allgemeine Hinführung

Bis in den Herbst setzt sich dieser Blog nun mit der psychotherapeutischen Form der Gruppentherapie, im Speziellen mit der psychodramatischen Gruppentherapie, auseinanderDiese Therapieformen können festgefahrene und belastende Muster, Verhaltens- und Denkweisen, die fallweise unveränderbar scheinen aufbrechen und dazu führen, neue Perspektiven auf das eigene Leben oder/und das Agieren einzunehmen.

 

Bereits Moreno (1889–1974), der Begründer des Psychodramas, sieht den Menschen als Gruppenwesen und als dessen „harmonische Bestimmung … das Zusammenleben in einer Gesellung, in [der] sich die Mitglieder gegenseitig mögen“. Dabei sei nach Moreno die „soziometrische Tiefenstruktur“ des Menschen „alles andere als stabil und harmonisch“, sie belege vielmehr „die ‚Asozialität‘ des Menschen“, weshalb Moreno die Lösung (zwischen-)menschlicher Konflikte in „der Umgestaltung einer Gesellschaft nach den soziometrischen Beziehungen [als] Weg aus der Asozialität des Menschen“ sieht. (Moreno, 1996, S. XXIIIf)

 

Gruppen unterschiedlichster Gestalt begegnen uns ab dem Beginn unseres Lebens (z. B. Familie, Krippe, Kindergarten, Schule, Ausbildung, Freundeskreis, Arbeitsstelle etc.). Solche Gruppen ziehen sich durch das gesamte Leben, es gibt in Gruppen immer mehr Unterstützung als in Einzelsituationen. Wenngleich zahlreiche Schwierigkeiten erst in einer Gruppe auftreten bzw. durch die Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe/„Clique“ hervorgerufen oder verstärkt werden, so kann die Heilung wiederum in der (therapeutischen) Gruppe passieren. Diese ist der geschützte, heilsame Ort, wo es Vertrauen und Vertraute gibt und heilsame Prozesse sich entwickeln dürfen, denn die Effizienz in der Gruppe ist höher, auch wenn die Hemmschwelle, Persönliches preiszugeben, im therapeutischen Einzelsetting niedriger sein kann.

 

Der Mensch ist also darauf ausgerichtet, im Sozialen zu leben und daran zu wachsen. Gruppen eignen sich daher grundsätzlich gut für psychotherapeutische Interventionen, da es sich stets auf ein Eingehen auf eine Gruppe Unbekannter handelt, ob in speziellen Selbsthilfegruppen o. Ä. Oftmals wiegt die Suche nach der Gesellschaft anderer Betroffener, die Vergleichbares erleben und sich in die eigenen Gefühle und Gedanken hineinversetzen können, schwer. Im Alltag, innerhalb der Familie oder im Bekanntenkreis begegnet Betroffenen vielmehr häufig Unverständnis. Sämtliche Themen, die durch diese oder ähnliche Isolationssituationen entstehen, können in der Gruppe mit Gleichgesinnten bearbeitet werden. Die Gruppe ist demnach auch eine Antwort auf Isolation, sie ermöglicht nicht nur den Zugang zu, sondern auch das Aufarbeiten von individuellen Ängsten.

 

Idealerweise setzt die (Psychodrama-)Gruppe sich aus Menschen zusammen, die ähnliche Themen bearbeiten möchten, und es ist Aufgabe der Therapeutin oder des Therapeuten, die Zusammensetzung der psychodramatischen Gruppen – z. B. nach Alter, Symptomatik und Störungsverhalten – geschult und einfühlsam zu gestalten. Dabei kann der folgende, von Burmeister (2004, S. 83–84), vorgestellte mögliche Vorgang psychodramatischer Diagnostik zurate gezogen werden:

 

1.                  Beschreibung und Identifikation der zu behandelnden Probleme

2.                  Klassifikation der Störung

3.                  Selektion geeigneter Behandlungsstrategien im Sinne einer therapeutischen Handlungsanweisung: Wahl der Therapie (stützend-aufbauend oder unmittelbar konfrontativ angelegt) anhand des Rollenstatus der PatientInnen; Entscheidung über Art und Weise der Einbeziehung des Beziehungsfeldes

4.                  Prognose des Behandlungsverlaufs, des Erfolgs und der Entwicklung der Symptomatik

5.                  Prozess- und Verlaufskontrolle: Beurteilung der Funktionalität des Rollenspektrums

6.                  Abschlussbeurteilung und Evaluation

 

In der psychotherapeutischen Gruppe werden komplexe Fragestellungen gemeinsam handlungs- und aktionsorientiert aufgegriffen. Diese Form der Therapie ist nachgewiesen hilfreich, sie führt dazu, eine möglicherweise fehlerhafte Wahrnehmung von Selbst- und Fremdbild auszugleichen. Dabei eignen sich psychodramatische Methoden besonders gut für Gruppentherapien, war das ursprüngliche Setting des Psychodramas nach Moreno gar die Gruppentherapie. Im Psychodrama wird nämlich das Erleben problematischer Situationen mithilfe der Therapeutinnen oder Therapeuten oder/und in der Gruppe gemeinsam mit anderen Gruppenteilnehmenden szenisch, also handelnd, dargestellt. Der Betroffene wird zum Protagonisten, der im psychodramatischen Spiel auf der Psychodrama-Bühne sein jeweiliges Thema darlegt.

 

Frei nach dem Motto, Handeln sei heilsamer als Reden, zeigt die psychodramatische Gruppentherapie einen Weg auf, die eigenen Themen neu zu erfahren und auf diese Weise erfassen und (auf-)lösen zu können. In psychodramatischen Settings werden Rollen aus dem realen Leben von anderen Teilnehmenden eingenommen. Betroffene können dabei anleiten, selbst mitspielen oder zusehen.

Sehr geeignet ist diese Form der Gruppentherapie auch für jene, die ihre Probleme verbal nicht gut oder gerne artikulieren können. Selbstverständlich muss das jeweilige Problem für eine szenische Darstellung bearbeitbar sein, beispielsweise können manche Techniken des Psychodramas bei verschiedenen Krankheitsbildern (z. B. Schizophrenie) nicht nützlich sein.

 

Der September-Beitrag geht näher auf die Psychodrama-Gruppentherapie ein. Dabei wird auch deutlich, weshalb und auf welche Weise nicht nur das eigene Verhalten, die eigenen Gedanken und Emotionen, sondern auch die Verfassung und das Agieren jener Personen, die für das jeweilige Problem bedeutsam sein können (z. B. Eltern, Kolleginnen und Kollegen oder Partnerinnen, Partner), im Rollenspiel dargestellt werden. 

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Derzeit biete ich Gruppentherapien in Wiener Neustadt und in Ternitz an. Weitere Gruppen befinden sich in Planung. Bei Interesse an der Teilnahme an einer Gruppentherapie sowie für Informationen zur Möglichkeit der vollständigen Kostenübernahme durch die Krankenkasse kontaktieren Sie mich gerne.  

 

 

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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

Psychotherapeutin 

 Tel.:0664 8937 872

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