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Das 12-Schritte-Programm für Erwachsene Kinder von Abhängigen oder/und aus dysfunktionalen Familien

 

Wie angekündigt beschreibe ich in diesem Beitrag u. a. die Möglichkeiten für Erwachsene Kinder von Alkoholikern oder/und aus dysfunktionalen Familien, in einem 12-Schritte-Programm zu sich selbst und zu Frieden mit dem Erlebten zu finden. Mitentwickelt wurde dieses Programm von Tony A., der als Kind eines Alkoholikers im Jahr 1978 die „Laundry List“ erstellt hat – eine Liste mit 14 Eigenschaften oder häufigen Verhaltensweisen „Erwachsener Kinder“, die quasi als Diagnostikinstrument dient. Folgend stelle ich jene Punkte dieser Liste vor, die zu den 13 genannten Eigenschaften (siehe November-Beitrag) hinzukommen:

 

„Erwachsene Kinder“ …

      isolieren sich

      sind skeptisch bei oder fürchten sich vor Menschen und Autoritätspersonen

      suchen nach Anerkennung, ohne Rücksicht auf sich selbst zu nehmen

      fürchten wütende Menschen und persönliche Kritik

      werden selbst Alkoholiker/Süchtiger, heiraten Menschen mit derartigen Problemen oder zwanghaften Persönlichkeiten oder beides

      leben das Leben als „Opfer“ und aus dieser Opferperspektive

      sorgen sich mehr um andere als um sich selbst

      fühlen sich schuldig, wenn sie für sich selbst eintreten (was selten bis gar nicht passiert)

      sind süchtig nach Aufregung

      können mit tiefen Gefühlen wie Liebe und Mitgefühl schwer umgehen und „lieben“ vermeintlich Menschen, die von ihnen gerettet werden müssen

      verleugnen ihre Gefühle, weil sie es kennen, diese zu unterdrücken

      haben Angst vor dem Verlassenwerden, tun alles dafür, um Beziehungen aufrechtzuerhalten

      sind Co-Abhängige, die die Merkmale der Krankheit annehmen

      reagieren mehr als selbst zu handeln (eher passiv als aktiv)

 

Selbstverständlich bedeutet es für „Erwachsene Kinder“ nicht, dass alles auf dieser Liste zutrifft. Es ist aber wahrscheinlich, dass zumindest ein Teil davon gilt. Wie im November-Beitrag beschrieben, ist es für Erwachsene Kinder wichtig, sich selbst ein liebevoller Elternteil zu werden. Die Lösung liegt in einer „Neu- oder Selbstbeelterung“, die beispielsweise innerhalb des psychodramatischen Spiels mithilfe von Objekten passieren kann, oder indem anfangs die TherapeutInnen schützende Rollen übernehmen. Zu negativen Gefühlen werden komplementäre Rollen gefunden, wobei „der Zugang zu diesen Rollen und Sehnsüchten oft versperrt und verschüttet ist … [oder] diese Rollen oft sogar aktiv abgewertet“ werden (Stelzig, 2017, S. 46).

 

Innerhalb der Therapie Erwachsener Kinder hat sich das „12-Schritte-Programm“ als förderlich und vielversprechend erwiesen. Es wurde abgeleitet von den zwölf Schritten der Anonymen Alkoholiker. Der Wortlaut der zwölf Punkte unterscheidet sich minimal und auch von Einzelgruppe zu Einzelgruppe, ich gebe ihn daher sinngemäß und angepasst an Erwachsene Kinder wieder:

1.     Anerkennen, dass man seinen eigenen Problemen gegenüber machtlos ist. Diese Machtlosigkeit meint die Handlungen der Familie mit und führt zum Eingestehen, dass man seinen Alltag nicht mehr bewältigen kann.

2.     Den Glauben an eine Macht gewinnen, die größer als man selbst ist und die die eigene (geistige/emotionale/körperliche) Gesundheit wiederherstellen kann.

3.     Den Entschluss fassen, seinen Willen und sein Leben der Sorge dieser Macht (z. B. Gott, wie ihn jede und jeder für sich versteht oder die Selbsthilfegruppe, die Schutz und Halt gebend und somit voller Macht ist) anzuvertrauen.

4.     Eine gründliche und furchtlose Inventur der eigenen Einstellungen und Handlungen, des eigenen Habitus machen.

5.     Vor sich selbst und gegenüber einem anderen Menschen das begangene Fehlverhalten oder/und die eigenen Fehler eingestehen.

6.     Bereit sein, dass die höhere Macht Verhaltensweisen, die das eigene Leben und den Alltag behindern, beseitigt.

7.     Die höhere Macht bitten, Verhaltensweisen, die das eigene Leben und den Alltag behindern, zu entfernen.

8.     Auflistung aller Personen, denen man Unrecht getan und Schaden zugefügt hat; Bereitschaft zur Wiedergutmachung entwickeln.

9.     Wo immer möglich, werden diese Personen entschädigt, außer wenn sie oder andere dadurch (emotional) verletzt würden.

10. Die „innere Inventur“ fortsetzen und sofort zugeben, wenn man im Unrecht ist oder falschliegt.

11. Durch Gebet und Meditation versuchen (bzw. die Verbindung suchen), eine tiefe bewusste Beziehung zur höheren Macht zu verbessern; Bitte nach Erkenntnis des höheren Willens und für die Kraft, Vorgenommenes durchzuführen.

12. Dieses nun erlebte „spirituelle Erwachen“ führt dazu, dass Wissen und Erkennen an andere Betroffene weitergegeben werden und der eigene Alltag nach den Grundsätzen der jeweiligen 12-Schritte-Gruppe ausgerichtet wird.

 

Davon abgeleitet ergibt sich der Weg der Genesung, der an diesen zwölf Punkten orientiert ist. Das 12-Schritte-Programm ist als spirituelles Programm konzipiert, und betont werden muss, dass eine Heilung in jedem Fall zu dem Zeitpunkt beginnt, wenn Erwachsene Kinder aus ihrer Isolation kommen, sich den Ängsten und Problemen stellen (können) und ein Bewusstsein für sich selbst und ihre Bedürfnisse entwickeln.

 

Wie bei den Anonymen Alkoholikern ist es hier wichtig, andere Betroffene zu finden und zu treffen, sich gegenseitig zu erkennen und Verantwortung für sich selbst und andere mit ähnlichen Problemen zu übernehmen. Schließlich sind Abhängigkeiten und/oder Dysfunktionalitäten innerhalb der eigenen Familie eine Krankheit, die nicht nur die Kindheit infiziert hat, sondern Betroffene bis ins Erwachsenenalter nicht loslässt.

Gemeinsam können wir uns mit den Erlebnissen aus der Kindheit auseinandersetzen, sie professionell verarbeiten und Heilung schaffen. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.

 

 

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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

Psychotherapeutin 

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