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Die Gruppentherapie, Teil 2: Die psychodramatische Gruppentherapie

Dem amerikanischen Ehe- und Familientherapeuten Daniel Lesny zufolge offenbare sich die Magie bzw. der „Zauber der Gruppe“ innerhalb gruppentherapeutischer Sitzungen, wenn Teilnehmende sich dessen bewusst werden, was im Hier und Jetzt geschieht. Das „Hier und Jetzt“ beinhaltet, was jede und jeder Teilnehmende fühlt, denkt, abbildet und spürt. Es meint damit auch alle empathischen Gefühle, die eine Gruppe und die Leiterin oder der Leiter mit anderen mitfühlen. Diese vielgestaltigen Gefühle drücken sich leise in jedem Gruppenmitglied sowie im Umgang der Teilnehmenden miteinander aus. Dadurch wird ein (Therapie-)Raum geschaffen, in dem die Mitglieder ihre Stärken, aber auch ihre Kämpfe präziser erleben, und ein Prozess wird in Gang gesetzt, den eine Gruppe gemeinsam kultiviert, um allen Mitgliedern zu helfen, sich sicher zu fühlen und mehr von dem zu teilen, was sie erleben und/oder was sie belastet.

 

Hier wird die Außenwelt nachgestellt und die Therapiegruppe zu einem realen Labor, in dem Teilnehmende sich selbst und ihre Muster kennenlernen und mit (gesünderen) Arten des Fühlens, Denkens und Seins experimentieren können. Nach Lesny werden Teilnehmende, ihre Handlungen und Worte nun als das angesehen, was sie tatsächlich waren – „es ist, als wäre ein projektiver und verzerrender Schleier entfernt worden [und es] breitet sich ein warmes und befriedigendes Gefühl im Raum aus, [das auf] die Magie der Gruppe hindeutet“. Eine Gruppenleiterin oder ein -leiter könne die Gruppe auch ins Hier und Jetzt bringen und den Mitgliedern dabei helfen, zu erkennen, unter welchen Problemen sie in ihrem Leben leiden, indem er untersucht, wie diese Probleme und Erfahrungen in der Gruppe selbst repliziert werden. Lesny nennt als einfachen Weg, dies zu tun, „häufig auf die gleiche Frage zurückzukommen: ‚Was erleben Sie gerade?‘“ (siehe auch bei https://creativegrowth.com/magic-group-therapy-daniel-lesny-mft, Übersetzung der Zitate durch die Autorin).

 

Für all das eignet sich eine psychodramatische Gruppentherapie ganz besonders. Denn wie im Augustbeitrag gezeigt, finden wir die Werkzeuge des Psychodramas im szenischen, darstellenden Spiel von Situationen und Rollen. Die Methoden des Psychodramas führen nun dazu, Tiefenstrukturen Einzelner und in Gruppen zu veranschaulichen und zu klären. Selbst ohne Vorliegen eines Problems kann das Psychodrama dazu beitragen, Anwendenden Orientierung zu geben und Klarheit zu schaffen.

 

Im Fokus der psychodramatischen Gruppentherapie steht neben dem verbalen Artikulieren der spezifischen Themen der Teilnehmenden das (szenische) Handeln in Verbindung mit dem körperlichen Ausdruck. Durch das Aufgreifen konflikthafter Szenen wird das jeweilige Problem an die Oberfläche geholt und damit sichtbar gemacht. Das Greifbarmachen von Gedanken, Gefühlen und Momenten, die die Biografie Einzelner prägen und geprägt sowie fall- und teilweise zu innewohnenden Konflikten geführt haben, bringt meist Einsicht. Dieses Erfassen führt wiederum zu Bewältigung und Lösung – demnach zu einem Erkennen, einer „Katharsis“, wie sie bereits in klassischen Dramen intendiert war.

 

Beispielsweise beleben sich familiäre oder/und konflikthafte Konstellationen in der Gruppe wieder, worauf in geschütztem Rahmen reagiert werden kann. Daraufhin kann analysiert und besprochen und in der Folge das eigene Verhalten ggf. adaptiert werden. So wird verbalisiert, was sonst ausgeblendet wird, Nähe und emotional Belastendes müssen hierbei ausgehalten werden, Gefühle werden in Worte gefasst, womit problematische oder schwierige Gedanken bestenfalls neutralisiert werden. Auf diese Weise fühlen sich Gruppenteilnehmende trotz belastender Momente sicher.

 

Wie ich auf meiner Seite zur Psychodrama-Psychotherapie schreibe, „eignet sich [diese Methode] besonders für Menschen die zwar ‚das Drama und seine Dynamik‘ in ihrem Leben erkennen, aber nicht wissen wie sie es verändern können“. In diesem Fall stellen „Rollenspiele und Aufstellungen … wirksame Interventionstechniken dar, wobei oftmals eine Psychotherapieeinheit ausschließlich aus Gesprächen bestehen kann“.

 

Moreno, der Begründer des Psychodramas, und zahlreiche Psychotherapeutinnen und -psychotherapeuten nach ihm haben sogenannte „soziometrische Methoden“ entwickelt sowie szenisch gearbeitet. Typisch ist beispielsweise der Rollentausch mit den Konfliktpartnerinnen und -partnern: er führt dazu, sich in andere hineinzuversetzen und gleichzeitig die Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf das und im Gegenüber zu erfassen.

 

Dadurch wird es möglich, (mehr) Einsicht in das eigene Handeln und Denken zu erlangen, empathischer mit dem (realen) Umfeld umzugehen und neue Perspektiven auf Situationen zu bekommen, die möglicherweise seit Jahren oder gar Jahrzehnten als zementiert angesehen wurden. Damit können nicht nur Vorurteile abgebaut werden, sondern der Zugang zu sich selbst und zu anderen wird weiter und klarer.

 

Dieses Vorgehen gibt den Teilnehmenden Werkzeuge in die Hand, die sie im Alltag nutzen können. Nach Moreno ist das „Ziel des Psychodramas … die Aktivierung und Integration von Spontaneität und Kreativität. Konstruktives spontanes Handeln ist zustande gekommen, wenn der Protagonist für eine neue oder bereits bekannte Situation eine neue und angemessene Reaktion findet“ (Moreno, 1959, S.34). Im geschützten Rahmen der Gruppe wird ausprobiert, wiederholt, getestet, im Alltag können das Mittel und damit jene Verhaltensweisen gewählt werden, die sich als am hilfreichsten in der spezifischen (Konflikt-)Situation herausgestellt haben – so können auch festgefahrene Rollenmuster gelöst werden.

 

Im letzten Teil der Reihe, der im Oktober erscheint, werden Aufbau und Ablauf einer psychodramatischen Gruppentherapie skizziert, hier geht es u. a. um die drei Phasen des Psychodramas:

1)                 Lockerung und Erwärmung = „Erwärmungsphase“

2)                 Spiel und Handlung = „Aktionsphase“

3)                 Integration = Integrationsphase mit Sharing und Feedback durch die Gruppe

 

Außerdem werden weitere Techniken, die innerhalb der Psychodramagruppe zum Einsatz kommen, erläutert (z. B. Doppeln, Sharing, Feedback, Rollenwechsel, Spiegeln).

 

Derzeit biete ich Gruppentherapien in Wiener Neustadt und in Ternitz an. Weitere Gruppen befinden sich in Planung. Bei Interesse an der Teilnahme an einer Gruppentherapie sowie für Informationen zur Möglichkeit der vollständigen Kostenübernahme durch die Krankenkasse kontaktieren Sie mich gerne. 

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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

Psychotherapeutin 

 Tel.:0664 8937 872

office@psychodramatikerin.at

 

 

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