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Leben mit Autismus: Herausforderungen für Betroffene und Angehörige

Nachdem ich im September Autismus und Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) vorgestellt und einen Einblick in die „Welt des Andersseins“ geboten habe, beschäftigt uns im Oktober die Vielfalt von Autismus und die Herausforderungen, denen Betroffene, ihre Familie und Freund:innen gegenüberstehen.

 

Wie beschrieben ist die Autismus-Spektrum-Störung (ASS) ein facettenreiches neurologisches Entwicklungsprofil, das die Art und Weise beeinflusst, wie Menschen die Welt um sich herum wahrnehmen, interagieren und kommunizieren. Dieses Spektrum umfasst eine breite Palette an Ausprägungen und Auswirkungen auf das tägliche Leben von Betroffenen. 

Herausforderungen, denen Erwachsene im Autismus-Spektrum auf ihrem Lebensweg begegnen können

Da das Autismus-Spektrum derart vielschichtig ist und von hochfunktionalen Individuen mit Asperger-Syndrom bis zu Personen reicht, die intensive Unterstützung in ihrem täglichen Leben benötigen, zeigen sich die Herausforderungen, die mit Autismus einhergehen, auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlicher Intensität.

• Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion: Menschen im Autismus-Spektrum können Schwierigkeiten haben, soziale Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Das Lesen sozialer Hinweise und Normen, das Verständnis von Emotionen und das Eingehen sozialer Kontakte können herausfordernd sein.

• Kommunikationshürden: Die Art und Weise, wie Menschen mit Autismus kommunizieren, variiert erheblich. Einige können Schwierigkeiten haben, nonverbale Signale zu verstehen oder adäquat auf verbale Kommunikation zu reagieren.

• Eingeschränkte Interessen und sich wiederholende Verhaltensmuster: Viele Personen im Autismus-Spektrum zeigen spezielle Interessen, manchmal in einem solchen Ausmaß, dass sie sich stark darauf konzentrieren. Ebenso sind repetitive Bewegungen oder Verhaltensmuster häufig.

 

Foto von LinkedIn Sales Solutions auf Unsplash
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Erwachsene im Autismus-Spektrum stehen demnach vor vielfältigen Herausforderungen, besonders in den Bereichen soziale Interaktion, Kommunikation, Flexibilität und Selbstständigkeit. Soziale Signale zu verstehen, Emotionen zu erkennen und Beziehungen zu pflegen, gestaltet sich oft schwierig. Auch die Anpassung an Veränderungen und der Umgang mit sensorischen Empfindlichkeiten sind herausfordernd. Im beruflichen Umfeld können Teamarbeit, Organisation und sensorische Reize die Karriere (negativ) beeinflussen. Intensive Interessen können zu sozialer Isolation führen, während Angststörungen und Depressionen zusätzliche Belastungen darstellen. Die Bewältigung des Alltags und der Zugang zu angemessener Unterstützung sind ebenfalls Hürden. (Vgl. Piereder, 2016)

Herausforderungen, denen autistische Kinder und Kinder mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) auf ihrem Lebensweg begegnen können

Foto von Robert Guss auf Unsplash
Foto von Robert Guss auf Unsplash

Kinder im Autismus-Spektrum können Schwierigkeiten in kommunikativen Bereichen, der sozialen Interaktion und hinsichtlich sensorischer Verarbeitung haben. Wurde noch keine Diagnose gestellt, können die Herausforderungen für Betroffene und ihre Familie äußerst belastend sein. Autistische Kinder können mit dem Ausdruck von Gedanken und Gefühlen zu kämpfen haben, eventuell soziale Normen nicht gänzlich erfassen und empfindlich auf Sinnesreize reagieren. Wiederholende Verhaltensmuster und fixierte Interessen sind ebenfalls häufig anzutreffen und können zu sozialer Isolation führen oder diese weiter unterstützen.

Herausforderungen für Freund:innen und Familie

Die Unterstützung von Freunden und Familie ist für Menschen im Autismus-Spektrum entscheidend und beeinflusst die Lebensqualität von Betroffenen maßgeblich. Ein wesentlicher Punkt im Umgang mit autistischen Personen ist die Herausforderung, die soziale Interaktionen und Kommunikation mit anderen Menschen darstellen. Es kann schwierig sein, soziale Situationen zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Auch Empfindlichkeiten gegenüber Reizen und Routinen können im Alltag mit Autismus große Rollen einnehmen. (Vgl. Otto, 2023)

 

Unabdingbar sind deshalb ein Verständnis für die individuellen Kommunikationsbedürfnisse, die Sensibilität für sensorische Empfindlichkeiten und die Anpassung an Schwierigkeiten hinsichtlich sozialer Interaktionen. Auch das Erkennen und Respektieren von Routinen sowie die Balance zwischen Unterstützung und Förderung der Unabhängigkeit sind bedeutsam. Zudem stellen der Umgang mit herausforderndem Verhalten und das Engagement für gesellschaftliche Akzeptanz langfristige Aufgaben dar, um Vorurteile abzubauen und ein inklusives Umfeld zu schaffen. (Vgl. Piereder, 2016)

Die Bedeutung von Akzeptanz und Unterstützung

Foto von Zuzana Ruttkay auf Unsplash
Foto von Zuzana Ruttkay auf Unsplash

Betroffene betonen u. a., dass Autismus eine komplexe neurologische Entwicklungsstörung ist, die individuell sehr unterschiedlich erlebt wird. Viele Betroffene zeigen früh im Leben auffälliges Verhalten, während die genaue Ursache lange Zeit unklar bleibt. Doch erst die endgültige Diagnose Autismus kann Klarheit bringen und nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch dem sozialen Umfeld dabei helfen, das autistische Verhalten besser zu verstehen. (Vgl. Otto, 2023)

Verständnis und Akzeptanz für Menschen mit Autismus sind entscheidend und können zu mehr Unterstützung führen. Frühzeitige Diagnosen und individuelle, angepasste Hilfe sind dabei Schlüsselmaßnahmen, um ein erfülltes Leben für Betroffene und Angehörige zu erreichen. Die Akzeptanz im sozialen Umfeld sowie in der Gesellschaft insgesamt ist wichtig, denn es liegt in unserer Verantwortung, eine mitfühlende und solidarische Gesellschaft zu gestalten, in der jeder Mensch geschätzt wird. Hier sind einige wichtige Ansätze für den Umgang mit autistischen Personen:

·        Sensibilisierung und Aufklärung: Bildung und Aufklärung über Autismus sind entscheidend, um Vorurteile abzubauen und das Verständnis zu fördern. Je mehr Menschen über die Vielfalt von Autismus informiert sind, desto toleranter und einfühlsamer können sie reagieren.

·        Inklusion und Barrierefreiheit: Wir sollten darauf hinarbeiten, eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der Menschen mit Autismus die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben wie alle anderen. Dies erfordert sowohl physisch als auch sozial barrierefreie Umgebungen.

·        Individuelle Unterstützung: Jeder Mensch mit Autismus ist einzigartig und benötigt individuelle Unterstützung. Familien, Schulen und Gemeinschaften sollten zusammenarbeiten, um individuelle Unterstützungspläne zu erstellen, die den spezifischen Bedürfnissen gerecht werden.

 

Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert Empathie, ein fundiertes Wissen über Autismus sowie eine respektvolle, offene Kommunikation zwischen Freund:innen, Familienangehörigen und Menschen im Autismus-Spektrum.

 

Im November gehe ich auf eine weitere zentrale Herausforderung innerhalb der Autismus-Forschung und -Diagnostik ein, nämlich, dass sich die Prävalenz von Autismus zwischen den Geschlechtern stark unterscheidet und Jungen (scheinbar) öfter betroffen sind als Mädchen.


Literatur:

Otto, S. (2023): Autismus – ein unsichtbares Spektrum. Online: https://www.aok.de/bw-gesundnah/psyche-und-seele/leben-mit-autismus-die-geschichte-eines-betroffenen [zul. abger. am 17.10.2023]

 

Piereder, R. (2016): Herausforderung Autismus: soziale, personale und finanzielle Ressourcen der Unterstützung. Eine qualitative Studie von Müttern von 5-15jährigen Kindern im Autismus-Spektrum im Land Steiermark. Masterarbeit an der KFU Graz.

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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

Psychotherapeutin 

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