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Die Bedeutung von Ritualen und Routinen für die psychische Stabilität

Kaum eine Jahreszeit ist so von Ritualen und (zumeist über Generationen weitergetragenen) Routinen geprägt wie die Winter- und Weihnachtszeit. Rituale und Routinen sind Begriffe, die allerdings auch Assoziationen an Alltagstrott, Langeweile oder starre Abläufe wecken können und bei manchen Menschen auf Ablehnung stoßen könnten. Doch in meiner Arbeit als Psychotherapeutin erlebe ich immer wieder, welch stabilisierende und heilsame Kraft in wiederkehrenden Handlungen und Strukturen liegen kann. Gerade in Zeiten von Veränderung, Unsicherheit oder emotionaler Belastung können Rituale und Routinen ein wichtiger Anker sein, der uns Halt, Orientierung und Geborgenheit schenkt.

Foto von Emily Bauman auf Unsplash
Foto von Emily Bauman auf Unsplash

Aber was genau verstehen wir eigentlich unter Ritualen und Routinen? Rituale sind in der Regel symbolisch aufgeladene Handlungen, die einen tieferen Sinn und eine emotionale Bedeutung für uns haben. Sie können kulturell geprägt sein – wie zum Beispiel religiöse Feste oder Zeremonien – oder ganz individuell gestaltet werden – wie ein morgendliches Dankbarkeits- oder ein Abendritual zur Entspannung. Routinen hingegen sind eher alltägliche, wiederkehrende Abläufe und Gewohnheiten, die uns Struktur und Verlässlichkeit bieten. Das kann der morgendliche Kaffee sein, der Spaziergang in der Mittagspause oder das abendliche Telefonat mit einem lieben Menschen.

Beiden gemeinsam ist, dass sie uns ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle vermitteln. In einer Welt, die oft unberechenbar und überfordernd erscheint, schaffen Rituale und Routinen einen vertrauten, verlässlichen Rahmen. Sie geben dem Tag eine Struktur und dem Leben einen Rhythmus. Sie signalisieren unserem Körper und unserer Seele: Hier ist ein sicherer Ort, an dem du ankommen und durchatmen kannst. Hier darfst du ganz du selbst sein und musst nichts leisten oder beweisen.

 

 

Gerade für Menschen, die unter Ängsten, Depressionen oder traumatischen Erfahrungen leiden, können Rituale und Routinen eine wichtige Ressource sein. Sie helfen dabei, das innere Chaos zu ordnen, sich zu erden und im Hier und Jetzt zu verankern. Wenn die Gedanken und Gefühle überwältigend werden, kann ein vertrautes Ritual oder eine liebgewonnene Routine ein Gefühl von Sicherheit und Selbstwirksamkeit vermitteln. Es ist wie ein innerer Kompass, der uns dabei hilft, den Weg zurück zu uns selbst zu finden.

Foto von Markus Spiske auf Unsplash
Foto von Markus Spiske auf Unsplash

Auch in Beziehungen und Familien können gemeinsame Rituale und Routinen eine große Bedeutung haben. Sie stärken das Gefühl von Verbundenheit, Zugehörigkeit und Intimität. Ob es das gemeinsame Frühstück am Wochenende ist, der Spieleabend mit Freunden oder das Ritual, sich zur Begrüßung und Verabschiedung zu umarmen – all diese wiederkehrenden Handlungen schaffen ein Gefühl von Gemeinschaft und geteilter Identität. Sie sind wie ein unsichtbares Band, das uns miteinander und mit unserer Geschichte verbindet.

 

Gleichzeitig können Rituale und Routinen uns auch dabei unterstützen, Veränderungen und Übergänge im Leben bewusst zu gestalten und zu verarbeiten. Denken wir zum Beispiel an Geburtstage, Hochzeiten oder Beerdigungen: Diese Ereignisse sind mit Ritualen verbunden, die uns helfen, das Erlebte zu feiern, zu würdigen oder zu betrauern. Auch im Alltag können kleine Rituale dazu beitragen, Veränderungen sanft einzuleiten oder schwierige Erfahrungen loszulassen. Eine Tasse Tee am Abend kann ein Signal für den Körper sein, zur Ruhe zu kommen. Das Aufschreiben von belastenden Gedanken und das anschließende Verbrennen des Zettels kann ein symbolischer Akt der Befreiung sein.

Balance zwischen Struktur und Flexibilität

Natürlich können Rituale und Routinen auch erstarren und zum leeren Selbstzweck werden, wenn wir zu sehr an ihnen festhalten oder sie uns von außen auferlegt werden. Dann verlieren sie ihre positive, nährende Kraft und können sogar einengend oder zwanghaft wirken. Deshalb ist es wichtig, immer wieder hinzuspüren: Was tut mir jetzt gut? Welche Rituale und Routinen unterstützen mich und mein Wohlbefinden – und welche nicht mehr? Es geht darum, eine gesunde Balance zwischen Struktur und Flexibilität zu finden und offen zu bleiben für Veränderungen und neue Erfahrungen.

 

Wenn Sie das Gefühl haben, in Ihrem Leben fehlt es an stabilisierenden, nährenden Ritualen und Routinen, dann lade ich Sie ein, zu experimentieren und herauszufinden, was Ihnen guttut. Vielleicht möchten Sie ein kleines Morgenritual einführen, bei dem Sie sich bewusst Zeit für sich nehmen und in den Tag einstimmen. Oder Sie gestalten den Feierabend mit einem entspannenden Spaziergang oder einer kreativen Tätigkeit, die Ihnen Freude bereitet. Probieren Sie es aus und beobachten Sie, wie sich diese wiederkehrenden Handlungen auf Ihr Wohlbefinden und Ihre innere Stabilität auswirken. Seien Sie dabei geduldig und liebevoll mit sich selbst – neue Gewohnheiten brauchen Zeit, um zu wachsen und sich zu entfalten.

 

 

Und wenn Sie merken, dass Sie Unterstützung benötigen, um Ihre Mitte zu finden und heilsame Rituale und Routinen in Ihr Leben zu integrieren, scheuen Sie sich nicht, sich Hilfe zu holen. In der Psychotherapie können wir gemeinsam erforschen, welche Strukturen und Handlungen Sie stärken und nähren. Wir können Wege finden, wie Sie auch in turbulenten Zeiten immer wieder zu sich selbst zurückfinden und aus Ihren inneren Ressourcen schöpfen können. 

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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

Psychotherapeutin 

 Tel.:0664 8937 872

office@psychodramatikerin.at

 

 

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