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Krieg & Pandemie: Ängsten und Sorgen begegnen

Aufgrund der aktuellen Situation in der Ukraine scheint es angemessen, Ängste und Sorgen zu thematisieren. Anders als Angststörungen und Phobien sind Ängste oder Sorgen nicht grundsätzlich behandlungsbedürftig. Die Angst an sich ist ein überlebenswichtiger Instinkt, der uns vor Gefahren schützt und uns dabei hilft, unsere momentane Situation zu verändern, um in einem Gefühl von Sicherheit anzukommen. Bei Angststörungen und Phobien haben wir meist Angst vor einem bestimmten Gegenstand, einem Tier oder einer speziellen Situation. Solche spezifischen Ängste betreffen beispielsweise Spritzen, Spinnen oder enge Räume. Eine Phobie bezeichnet nichts anderes als eine Angst, die außer Kontrolle geraten ist. Diese Art von Angst übernimmt die Kontrolle über unser Leben und führt dazu, dass wir uns nicht nur manchmal, sondern täglich, regelmäßig und im schlimmsten Fall pausenlos schlecht fühlen und ein Leidensdruck besteht, unter dem wir unseren normalen Alltag nicht mehr (uneingeschränkt) leben können.

„Normale“ Ängste können aufgrund akuter externer Ereignisse entstehen. Zeitungen, Nachrichten, Fernsehen, die Medien, Gespräche mit Freund*innen können aktuell Ängste und Sorgen nicht nur auslösen, sondern diese auch verstärken und uns belasten. Waren es am Höhepunkt der Coronapandemie für Betroffene von Phobien beispielsweise Bilder von Spritzen und Impfungen, sind es heute Bilder, die über die Medien transportiert werden und bei (zahlreichen) Konsumierenden Weltuntergangsstimmung verbreiten. Zudem darf nicht unbedacht bleiben, dass Kriege in Europa nicht lange zurückliegen und die Situation in der Ukraine transgenerationale Traumatisierungen auslösen kann. Denn alle Traumaerfahrungen sind von einer Generation auf die nächste übertragbar, worauf ich im April näher eingehen werde. Ein Krieg auf dem eigenen Kontinent ist nun etwas, das logischerweise Angst macht. Hinzu kommt eine Machtlosigkeit, da wir nicht dazu in der Lage sind, die Situation zeitnah und selbstständig zu verbessern. Wir fühlen uns ohnmächtig und haben andererseits vielleicht ein schlechtes Gewissen, wenn wir uns mit der Situation nicht auseinandersetzen möchten. 

Wie zu Beginn der Coronapandemie darf ich auf Empfehlungen hinweisen, wie mit diesen Sorgen und Ängsten, die natürlich sind und denen keine Störung zugrunde liegt, umgegangen werden kann. Insbesondere gegenüber Kindern, aber auch für alle Erwachsene gelten folgende Maßnahmen, die ich meinem Beitrag über Angst in Zeiten der Pandemie entnommen und für die gegenwärtige Situation adaptiert habe:

 

1. Angst normalisieren: Zu begreifen, dass Angst keine Störung, sondern sogar ein lebenswichtiger Mechanismus ist, kann dabei helfen, eigene Gefühle zu regulieren. Angst kann gesund sein, und sich Sorgen zu machen, ist normal. 

 

2. Aktiv gegen die Angst: Angst kann lähmen. Doch wir sind unseren Sorgen nicht schutzlos ausgeliefert. Wenn Sie bei sich und Ihren Kindern Angst und Sorge feststellen, können Sie diese in die richtige Richtung lenken: Sprechen Sie über Hilfsmaßnahmen für Geflüchtete, lassen Sie Ihre Kinder eine Kiste mit Spielsachen für geflohene Kinder zusammenstellen (achten Sie darauf, dass sämtliche Spenden einwandfrei sind). Unterstützen Sie Hilfsorganisationen mit Geld- und/oder Sachspenden oder aktiver Hilfeleistung wie der Einrichtung von Sammelstellen, Spendensammlungen o. Ä.

 

3. Informationsbegrenzung und Quellenbewertung: Die ständige Verfügbarkeit neuer Informationen über den Krieg in der Ukraine kann dazu führen, dass man zwanghaft nach Neuigkeiten suchen. Versuchen Sie, Ihre Quellen objektiv einzuschätzen, verlieren Sie sich nicht in der Welt privater Videodokumentationen, verwenden und verweisen Sie ausschließlich auf seriöse Nachrichtenportale. Setzen Sie für sich und Ihre Angehörigen zeitliche Limits oder bestimmte Tageszeiten fest, zu denen Nachrichten konsumiert werden.

 

4. Ablenkung fördern und sich bewegen: Gehen Sie in die Natur und lassen Sie digitale Endgeräte zu Hause; gestalten Sie einen gemeinsamen Spielenachmittag, lesen Sie Bücher, gehen Sie Ihren Hobbys nach und fordern Sie Ihre Kinder auf, dasselbe zu tun und sich insbesondere zu bewegen. Lesen Sie dazu auch: „Bewegung für innere und äußere Fitness (nicht nur) in Coronazeiten“.

 

5. Seien Sie sich Ihrer Vorbildfunktion bewusst: Ihre eigene Nervosität kann jene Ihrer Angehörigen begünstigen oder sogar erst auslösen. Selbst wenn Sie den Drang verspüren, häufig über aktuelle Entwicklungen sprechen zu müssen, seien Sie sich bewusst, dass Kinder nicht über die Informationen verfügen, die Sie trotz Ihrer Angst im Hinterkopf haben. Achten auch Sie darauf, sich nicht von der Informationsflut mitreißen zu lassen, teilen Sie nicht von offizieller Seite bestätigte Meldungen keinesfalls über (soziale) Medien.

 

Was jetzt wichtig ist

Horchen Sie in sich hinein und nehmen Sie sich, Ihr Lebensumfeld und Ihre Empfindungen ernst. Ihre emotionale und psychische Unversehrtheit und Gesundheit sind ebenso wichtig wie die körperliche. Wenn Sie Symptome einer Überlastung und Belastung verspüren, sich unwohl und ruhelos fühlen, nicht mehr schlafen können und vielleicht körperliche Schmerzen haben, werden Sie aktiv. Besprechen Sie sich mit einer Vertrauensperson, suchen Sie Ihre Hausärztin, Ihren Hausarzt oder Therapeutinnen und Therapeuten auf, diese werden Sie ernstnehmen und können Ihnen anhand vielgestaltiger Methoden und Inputs die Möglichkeit bieten, Ihnen zu neuer Klarheit, Erholung und Verbesserung Ihres Wohlbefindens zu verhelfen. Wenn Sie Fragen dazu haben, können Sie auch gerne mich kontaktieren. 

Unterstützungsmöglichkeiten: Links und Kontakte (anonym und kostenfrei)

 

Quellen: 

Michaela Legl-Bruckdorf: „Wie mit Angst umgegangen werden und mit Kindern und Teenagern darüber gesprochen werden kann“ 

Michaela Legl-Bruckdorf: „Krise im Außen und Krise im Innen: Wenn die (aktuellen) Mehrbelastungen Folgen haben – so finden Sie Hilfe“ 

 

Bildquellen: 

https://pixabay.com/de/photos/verzweifelt-traurig-deprimiert-f%c3%bc%c3%9fe-2293377/

https://pixabay.com/de/photos/depression-traurigkeit-mann-anhang-2912424/

 


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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

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