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Traumata der letzten Jahre begegnen

Weiß man, dass negative „(früh)kindliche Erfahrungen … sich gezielt auf bestimmte Hirnregionen (auditorischer, visueller und somatosensorischer Kortex) und Vernetzungen zu konzentrieren [scheinen], die diese Erfahrungen verarbeiten“ (Frühe Hilfen, Online-Pdf), erscheinen die in letzter Zeit vermehrt über Medien transportierten Statements von Expert*innen, die uns suggerieren, wie schädlich einige Vorgehensweisen während der Corona-Krise insbesondere für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen waren, in einem anderen Licht. 

Foto von Kelly Sikkema auf Unsplash
Foto von Kelly Sikkema auf Unsplash

Da jedes Kind und jeder Mensch anders auf negative Erfahrungen reagiert, muss allerdings eine Unterscheidung passieren, und es darf nicht dort, wo die Entwicklung normal verläuft, ein Problem debattiert werden, das keines ist. Deshalb ist es wichtig, nicht nur in den Vordergrund zu rücken, was alles hätte anders gemacht werden können, sondern Lösungen zu finden, sofern welche nötig sind – auch im Wissen um mögliche Veränderungen in der Epigenetik. Denn „[i]nsbesondere die Qualität der Eltern-Kind-Interaktion kann zu epigenetischen Veränderungen führen und damit das in Entwicklung befindliche Gehirn formen – dies mit Langzeitfolgen für Gehirnfunktionen und Verhalten“ (ebda). 

 

Wenn also bekannt ist, dass negative Kindheitserfahrungen das Potenzial haben, langfristige Auswirkungen zu haben, die sich teilweise auch erst später zeigen können, gilt es für Bezugspersonen, ganz genau hinzusehen. Hat ein Mensch beispielsweise im Kleinkindalter gehört, seine reine Anwesenheit könne für seine Großeltern lebensbedrohend sein, kann hierdurch selbstverständlich ein Schaden entstanden sein, der tief sitzt.

Corona, Ukraine, Klimawandel

Aktuell ist die Dreieinigkeit aus Corona-Krise, Ukraine-Krieg und allgegenwärtigem Klimawandel durchaus in der Lage, Menschen jeden Alters zu verstören. (Lesen Sie dazu auch meine Beiträge „Krieg & Pandemie: Ängsten und Sorgen begegnen“ und „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche und was wir tun können“.) 

Foto von Tetiana SHYSHKINA auf Unsplash
Foto von Tetiana SHYSHKINA auf Unsplash

Wir kennen einige Größen, die sichtbar werden, wenn wir einfühlsam auf jene achten, die uns nahestehen: 

 

• Stress und Angst: Kinder können aufgrund globaler Ereignisse wie Naturkatastrophen, Konflikte, Pandemien oder politischer Unruhen besorgt und verängstigt sein. Dieser Stress kann zu psychischen und emotionalen Problemen führen.

• Isolation und Einsamkeit: Kinder können aufgrund von Quarantänemaßnahmen oder sozialen Distanzierungsrichtlinien weniger Kontakte zu Freunden und Familie gehabt haben, was möglicherweise beibehalten wurde. Gefühle von Einsamkeit und Isolation können weiterhin die psychische Gesundheit beeinträchtigen.

• Bildungsrückstände: Kinder, die aufgrund von Schulschließungen oder Lernunterbrechungen keinen Zugang zu Bildung hatten, können einen Rückstand in ihrer akademischen Entwicklung erleben, der sich auf ihre Zukunft auswirken kann.

• Unsicherheit und finanzielle Probleme: Kinder aus Familien, die finanzielle Probleme aufgrund von Arbeitslosigkeit oder anderen wirtschaftlichen Herausforderungen erleben, können Zukunftsangst und Unsicherheit empfinden.

• Mangelnde körperliche Aktivität: Kinder, die weniger Zeit draußen oder in Bewegung (mit anderen) verbringen können, können gesundheitliche Probleme oder Fitnesseinbrüche erleben.

 

Die Auswirkungen der Coronamaßnahmen auf Kinder können vielfältig sein und sich u. a. in den Bereichen Bildung (Schulschließungen, Bildungsrückständen etc.), soziale Interaktion (weniger Zeit mit Freunden und Familie bedingt soziale Isolation), psychische Gesundheit (Stress und Angst), Familienkonflikte (aufgrund wirtschaftlicher Herausforderungen u. Ä.), körperliche Gesundheit (Reduktion aufgr. Bewegungseinschränkungen) äußern.

Bewegung in der Natur

Wie ich wiederholt festgestellt habe, ist die herausragende Wirkung der Entspannungseffekte der Natur(-therapie) nicht zu unterschätzen und kann heutzutage heilbringend genutzt werden. 

Insbesondere dem hohen Maß an Energie bei Kindern (die zusätzlich zu den erwähnten Risikofaktoren mit einer Informations- und Reizüberflutung durch (zu) viel Zeit vor Displays zu kämpfen haben) kann mit Aktivitäten in einem grünen Umfeld begegnet werden. Die Natur ist in der Lage, Kinder zu erden, zu entschleunigen und ihnen das passende Umfeld zum Abbau etwaiger Aggressionen zu bieten. Der massive Naturmangel und das Naturdefizit, unter dem Kinder insbesondere in Städten leiden, könnte (psychische) Krankheiten begünstigen. Und jeder, der schon einmal ein Kind dabei beobachtet hat, wie es auf die Abnahme eines Tablets reagiert und wie es wiederum in der Natur zu sich findet, wird begreifen, wie wichtig es ist, dem angeborenen Streben nach der Natur wieder vermehrt nachzukommen.

Im April möchte ich mich weiterführend damit auseinandersetzen, wie wir alle mit dem zunehmend toxischen Stress, dem wir ausgesetzt sind, umgehen können. 


Literatur: 

Geiger, H.; Haas, S., Unger, Th., (2020), Negative Kindheitserfahrungen („Adverse Childhood Experiences“, ACE), toxischer Stress und Frühe Hilfen, online: https://www.fruehehilfen.at/fxdata/fruehehilfen/prod/media/downloads/Berichte/NZFH_Fortbildung_ACE-und-toxischer-Stress_Endfassung_Barrierefrei.pdf 

 

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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

Psychotherapeutin 

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