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Mit toxischem Stress umgehen lernen

Im Februar und März habe ich erläutert, wie negative Erfahrungen in der Kindheit unser (späteres) Leben beeinflussen können. Aktuelle „Krisen und Konflikte wirken sich direkt und tiefgreifend auf das Wohlbefinden und die Lernfähigkeit von Kindern und Jugendlichen aus. Neurologische Untersuchungen belegen physiologische toxische Stressreaktionen bei Kindern, die Kriegen oder Konflikten ausgesetzt waren. Diese hemmt die Entwicklung ihres Gehirns und wirkt sich auf ihre körperliche und geistige Gesundheit, ihre kognitiven Fähigkeiten, ihr Verhalten sowie ihre sozialen Beziehungen aus.“ (IRC Deutschland, online) Glücklicherweise sind die meisten Heranwachsenden, die in einem stabilen Umfeld aufwachsen, „bemerkenswert resilient“ (ebda), und es gibt zahlreiche Wege, dieser Entwicklung entgegenzutreten, wenn es uns gelingt, weitere Stressfaktoren zu reduzieren.

Was ist toxischer Stress?

Sind Menschen langfristig größerem Stress ausgesetzt, können die Verbindungen zwischen den Nervenzellen des Gehirns gestört werden. 

Foto von Luis Villasmil auf Unsplash
Foto von Luis Villasmil auf Unsplash

Besonders negativ ist das, wenn sich ein Gehirn in der Entwicklung befindet und die Neuronen aufgrund von Stresssituationen davon abgehalten werden, neue Verbindungen einzugehen oder diese zu festigen. (Vgl. ebda)

 

Kurzfristige Auswirkungen hat dies insbesondere auf Lernfähigkeit und Konzentration, wodurch allerdings auch langfristige Störungen bedingt werden können: „Kindern fällt es schwerer, Freundschaften zu schließen. Sie sind weniger zuversichtlich. Auch andere Verhaltensauffälligkeiten sowie bleibende körperliche und geistige Schäden können eintreten.“ (ebda)

Was zu tun ist

Die gute Nachricht: Wird Kindern (weiterhin) ein sicheres soziales Umfeld geboten, können die negativen Auswirkungen des toxischen Stresses „aufgehalten oder rückgängig gemacht werden“ (IRC Deutschland, online). Die gezielte Förderung von emotionalem und sozialem Lernen kann sich ebenso positiv auswirken (vgl. ebda), was aufgrund der zahlreichen Einflüsse auf Kindheit und Jugend in der heutigen Zeit allerdings zuweilen eine Herausforderung darstellen kann.

 

Der zentrale Schritt nach dem Bereitstellen eines sicheren Umfelds und sozialer Kontakte liegt darin, die Informationsüberflutung zu stoppen, die nicht nur das Gehirn unserer Kinder, sondern auch unser eigenes überfordert und krank macht. 

 

Foto von Elisa Ventur auf Unsplash
Foto von Elisa Ventur auf Unsplash

Entlastung durch einen Stopp der Informationsüberflutung

Wir müssen uns klarmachen, dass wir alle heutzutage an einem einzigen Tag mit mehr Informationen konfrontiert sind als der frühe Mensch in seinem gesamten Leben – dass aber unser Gehirn seit 1,5 Millionen Jahren keine nennenswerte Weiterentwicklung erfahren hat, sondern vielmehr seit 3000 Jahren an Masse verliert (Winkler, online). 

 

Die aktuelle Dauerüberlastung „des Gehirns trainiert … das Gedächtnis nicht, wie so oft vermutet. Vielmehr wird das Denkorgan geschwächt. Die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses schrumpft und die Datenverarbeitung wird gestört.“ (Ingenieur, online) Die Verarbeitung des Zuviels an Daten und mit der Information belastet uns nicht nur extrem, sondern die „Anstrengung kann weitere Folgen haben: von Müdigkeit und Vergesslichkeit bis hin zum mittlerweile weit verbreiteten Burn-out-Syndrom. Psychologen und Mediziner warnen daher längst vor den Auswirkungen zunehmender Informationsüberlastung. Nicht selten ist diese der Auslöser für den alltäglichen Stress und kann zu schweren Migräneattacken oder gar zu psychischen Erkrankungen führen.“ (IONOS, online)

 

Der erste Schritt zurück in die richtige Richtung wäre die strikte Trennung von Arbeit und Freizeit, um unser Wohlbefinden durch die ständige Erreichbarkeit nicht zu schwächen. Anstatt aber tatsächlich Pause zu machen, greifen wir in der Freizeit auf Informationen zu, die wir nicht benötigen, die uns nicht weiterhelfen oder die uns sogar mit den Problemen Fremder konfrontieren. „Trash“-Medien wie TikTok oder Instagram leben von Werbeeinschaltungen, die ausschließlich das Ziel verfolgen, unser Hirn mit Information zu verkleben. Informationen Privater, die diese Kanäle nutzen, können zwar kleinen Gruppen weiterhelfen, in der Masse werden allerdings Informationen verbreitet, die uns auf den jeweiligen Plattformen als potenzielle Kund:innen halten sollen.

 

Hier ist Ihre Achtsamkeit gefordert. Konzentrieren Sie sich wieder auf Wesentliches, erinnern Sie sich an Dinge, die Sie früher gemacht haben – für die Ihnen nun aber scheinbar keine Zeit bleibt. Wie ich in meinem Beitrag „Gedanken zum gesunden Umgang mit Smartphone & Co.“ anmerke, wäre Zeit zur Genüge vorhanden, denn insgesamt nutzen wir unsere Smartphones bis zu fünf Stunden täglich und damit beinahe ein Drittel des Tages – Jugendliche sollen sogar mehr als 70 Stunden pro Woche online sein (vgl. Zeit online).

 


Literatur:

IRC Deutschland (2018), Toxischer Stress, online: https://de.rescue.org/artikel/toxischer-stress?gclid=CjwKCAiA9NGfBhBvEiwAq5vSy3LLJepfyAUJ0148JhXElk9zVPKwuW5z8zR9lXQEbUGd0wxvspyO3hoCCFQQAvD_BwE 

Ingenieur, Zu viele Online-Informationen überfordern das Gehirn, online: https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/rekorde/zuviele-online-informationen-ueberfordern-gehirn/

IONOS, Informationsüberflutung in Zeiten der Massenmedien, https://www.ionos.at/digitalguide/online-marketing/verkaufen-im-internet/informationsueberflutung-das-zuviel-an-werbung/ 

Winkler, S. (2021), Das ist der Grund, wieso die Gehirne der Menschen schrumpfen, online: https://www.welt.de/kmpkt/article234702168/Evolution-Darum-werden-die-Gehirne-von-uns-Menschen-immer-kleiner.html

Zeit online, Jugendliche mehr als 70 Stunden pro Woche online, online: https://www.zeit.de/digital/internet/2021-08/internetnutzung-deutschland-jugendliche-studie-homeschooling-corona-pandemie

 

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Michaela Legl-Bruckdorf, B.A., MSc

Psychotherapeutin 

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